Samstag, 7. Januar 2012

"Der Geizige" in einer Neubearbeitung von Peter Licht

Der vor allem für seine Musik bekannte Peter Licht hat sich Molières bekanntem Stück „Der Geizige“ angenommen. Seine neue Fassung ist politisch, witzig und über weite Strecken absurd. Harpagon sitzt mit seiner Familie an der großen Tafel, er selbst natürlich am Kopfende. Die Tafel steht in einem engen Raum, einer Art Trichter, der nach hinten hin immer schmaler wird und komplett mit Spiegelfolie ausgekleidet ist. Eine Tür gibt es nicht, nicht einmal ein Fenster zum Hinausschauen. Eine einzige Spiegelplatte lässt sich nach innen öffnen, doch als Cléanthe den Kopf hinausstreckt und ruft, hört man nichts als die Weite des Raumes. Stéphane Laimé hat ein Bühnenbild geschaffen, das aufwendig ist, doch auf den ersten Blick simpel erscheint. In seiner ganzen Konstruktion ergänzt und erweitert es die Gedanken und Metaphern, die in Lichts Text zu finden sind, und trägt somit überdurchschnittlich viel zum Gelingen des Stückes bei.
Das Grundsitution erinnert an Molières Stück: Harpagon hat Geld, seine Kinder wollen Geld, er will es nicht herausrücken. Geld müsse in Bewegung bleiben, konstatiert Cléanthe zu Beginn des Stückes. Es handele sich dabei um einen natürlichen Kreislauf. Doch Harpagon verweigert sich, erst stumm, dann philosophierend in langen Monologen (man merke an: wer in diesem Stück einen Monolog halten will, muss sich auf den Tisch stellen, und zwar an den Rand des Tisches, welcher dem Publikum am nächsten ist). Peter Kurth als Harpagon überzeugt gerade in diesen Szenen: wenn Lichts Text vom Klamauk zum Obszönen zum Poetischen zum konkret Politischen zur kleinen Beobachtung springt, ist es Kurth, der seine Sätze zusammenhält und das Publikum rasant von einem Gedanken zum nächsten führt.
Bei Peter Licht geht es ums Geld, ums Haben und Wollen, da muss die Liebe außen vor bleiben. So wird Mariane, die Frau, die sowohl Cléanthe als auch Harpagon begehren, zwar ständig angekündigt – „Wann kommt denn nun die Mariane?“ „Die kommt gleich!“ -, auftauchen tut sie jedoch nie. Darin besteht ein entscheidender Unterschied zu Molières Stück, in dem die amourösen Verwicklungen noch die Haupthandlung stellen.
Am Ende fordert Harpagon ein Happy End. Dieses kann jedoch nur im Paradox zu finden sein, und so darf Harpagon all sein Geld behalten, während Cléanthe Harpagons Geld bekommt. Peter Licht übt Kritik an der heutigen Gesellschaft, aber auch an jenen, die versuchen, diese Gesellschaft in einfachen Sätzen zu beschreiben und einfache Lösungen zu proklamieren.

Ort: Maxim Gorki Theater, Berlin
Nächste Aufführung: 3.2.2012

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